Dorf und Gemeinde Signau im Wandel der Zeit

Das Oberemmental war lange Zeit nicht bewohnbar. Wilde Wasser und finstere Wälder sperrten den Zugang. Die Steinzeitmenschen mieden deshalb das unwegsame Gelände. Auch die Helvetier und Römer wagten sich nicht in die dichten Wälder. Erst im 8. Jahrhundert drangen die Alemannen in das Waldland ein. Einzelne Familien oder grössere Sippen rodeten den Wald und gründeten Dörfer und Weiler. Der Vater einer grossen Sippe hiess wahrscheinlich Sigfrit, Siguwin oder Sigiboto. Er wählte ein wasserreiches Gebiet, eine Au, als Wohnort. Aus dem Rufnamen SIGI und dem Wohnort OUWA wird der Name SIGEN OUWA und später SIGNAU.

10. und 11. Jahrhundert

Es scheinen kleine Feudalherren die Gegend von Signau beherrscht zu haben. Mehrere Erdaufschüttungen deuten den Standort ihrer ehemaligen Holzburgen an. So finden wir Beispiele im Frauerts, beim Schweissberg, auf dem Reckenberg und auf dem Riedberg. Die grossen Palisaden und die zum Teil doppelten Wälle flössten einem Angreifer Respekt ein. Nebst dem Burgturm waren auch die Bauernhäuser geschützt. Wem diese Burgen gehörten, weiss man heute nicht mehr. Sie gingen später in der Freiherrschaft Signau auf, das heisst, sie gehörten alle den Freiherren von Signau.

Im Jahre 1130...

...wurde zum ersten Mal ein Mitglied der Familie, nämlich Werner von Signau im Freiheitsbrief für das Kloster Trub erwähnt. Ein Dominus Garnerus (Werner) de Signouwe tritt in einer Zähringer Urkunde auf und ein anderer Werner machte zwischen 1212 und 1224 dem Kloster St. Urban eine Schenkung. Er war vermutlich der Stammvater der Linie Schweinsberg-Attinghausen, die bei der Gründung der Eidgenossenschaft in Uri eine wichtige Rolle spielte.

Die Freiherren von Signau...

...waren offensichtlich an der Verbindung zwischen Emmental und Aaretal sehr interessiert. Bauten sie doch ihre Schlösser über der breiten Senke zwischen den heutigen Dörfern Signau und Bowil, durch die heute Bahn und Strasse führen. Signau „Altschloss“, auf einem felsigen Hügel über der Steinenmühle gelegen, ist als Ruine noch gut erhalten und überaus sehenswert. Dieser Platz wurde jedoch um die Mitte des 14. Jahrhunderts verlassen, zugunsten des auf der Sonnenseite des Tales etwas höher gelegenen „Neuschloss“.

Nach dem Aussterben der Herren von Signau...

...gingen Schloss und Lehen an die aufstrebende Stadt Bern. Später gelangten sie an die Familien von Diesbach. Als Herr von Signau, Worb, Uttigen und Schlossherr von Holligen galt Schultheiss Wilhelm von Diesbach als reichster Berner seiner Zeit. Er starb aber 1517 unter Hinterlassung grosser Schulden. So wurde Signau wieder von der Stadt übernommen. Der Berner Bär liess seinen Besitz nicht fahren! Die Obrigkeit bildete aus der alten Herrschaft Signau samt Röthenbach eine Landvogtei. Als Statthalter residierten die Vögte auf dem „Neuschloss“. Bis 1798 hielten fünfzig Amtleute in Signau Einzug. Sie sorgten für Ruhe und Sittsamkeit und verwalteten die Staatseinkünfte. Ihre Pflichten erfüllten sie meist väterlich und wohlwollend. Notleidenden flossen Staatsgelder zu. Mittellosen Kranken ermöglichte man ärztliche Betreuung.

Als Pflegeanstalt diente das "Siechenhaus"...

...am Eingang des Liechtguetgrabens, wo die „Siechenmagd“ die „Bresthaften“ in Obhut nahm. Brandgeschädigte erhielten eine wirksame Beisteuer zum Wiederaufbau ihres Heimes. Hatte ein beherzter Retter ein Kind aus der reissenden Emme gezogen, winkte ihm als Anerkennung eine fette Prämie.

Dem Landvogt...

...standen auch richterliche Befugnisse zu. Strafuntersuchungen führte er im Schloss durch. Wenn ihn die ersten Aussagen eines Übeltäters nicht befriedigten, nahm er Rücksprache beim Rat in Bern. Dieser empfahl hierauf meistens „Examination mit Marter“. Dann band der „Wasenmeister“ dem Angeklagten die Hände auf den Rücken, umwickelte sie mit einem Seil und streckte ihn damit auf einer Winde. Wenn nötig, hängte er dem Gequälten schwere Steine an die Füsse. Solche Barbarei quetschte jedem Verdächtigen ein Geständnis heraus. Andernfalls halfen Daumenschrauben nach. Kein Wunder, dass Unzähligen ein Todesurteil drohte. Dieses fällten Rat und Landgericht nach Angaben des Vogts. Sie bestimmten auch den Vollzug: Strang, Schwert oder Feuer . Den Beschluss erfuhr der „Malefiz“ von zwei Pfarrherren. Er bekam an jedem restlichen Tag noch „Wyn und gsodtes und bradtes Fleysch, was er begärt“. Unterdessen rief der Vogt zum Landtag auf und bestellte aus der Stadt den Scharfrichter. Am Gerichtstag führte man den Übeltäter ins Dorf hinunter, wo er im „hochen Hus“ (Heutiger Gasthof zum roten Thurm) noch ein „Morgenbrot“ einnehmen durfte. Danach brachte man den „armen Möntschen“auf die Richtstätte. Hier hatte der Vogt auf dem Landstuhl Platz genommen und es warteten das herbeigeeilte Volk, „die Predicanten, die Fürspräche, Weybel, Kläger, der Schryber, Gleidtsweybel und die Geschworenen“. Jetzt vollzog der Henker das Urteil. Dass solche Blutjustiz gottgewollt und deshalb gerecht war, bezweifelte niemand. Nicht einmal der Verurteilte. Die Richtstätte der Landvogtei befand sich südlich des Dorfes auf einem Hügel. Dieser wird noch heute „Galgenhubel“ genannt.

Beim Einmarsch der Franzosen...

...1798 flüchtete der letzte Landvogt Beat Emanuel Tscharner und das Schloss war der Plünderung und Verwüstung durch flüchtende Soldaten und aufgebrachtes Landvolk preisgegeben. Es entstand das neue Amt Signau mit den 9 Gemeinden (Signau, Langnau, Trubschachen, Trub, Lauperswil, Rüderswil, Eggiwil, Röthenbach, Schangnau). Signau trat danach den Amtssitz an Langnau ab.

Schüpbach

Das Dorf Schüpbach gehört ebenfalls zur Gemeinde Signau. Wollte man früher nach Langnau, benützte man die behelfsmässigen Übergänge über den Fluss. Sobald jedoch die Emme anschwoll, war der Weg nach Langnau versperrt. Da der Verkehr zunahm, drängte sich der Bau einer Brücke auf. Eine solche errichteten schliesslich Signau und Schüpbach im Jahr 1550. Es war die erste im Emmental. Für den Unterhalt sorgten die Anwohner allein. Wer die Brücke überschritt, hatte Zoll zu entrichten. Die Brücke hielt der Emme 101 Jahre stand bis sie „von Gott mit synem gerächten Gricht, durch ein ungewohnte Wassergrösse hinwäggenommen“ wurde. Im Jahre 1652 wurde eine neue Brücke erstellt, welche 1837 dem Hochwasser zum Opfer fiel. Nun übernahm der Staat den Neubau. Die 1838 erbaute, überdeckte Holzbrücke hat eine Spannweite von 50 Metern, sie dient noch heute dem Verkehr.

In Ramsei, oberhalb Schüpbach befindet sich auch das Wasserschloss der Stadtbernischen Wasserversorgungsanlage. Gegen 30 % des Wasserverbrauches der Stadt Bern decken die Fassungen. Acht Schachtbrunnen liefern hier konstant 24‘500 Liter Wasser in der Minute. Guss- und Zementrohre von 80 cm Durchmesser leiten das Wasser über Lützelflüh nach Ittigen ins Reservoir Mannenberg und von dort der Stadt zu. Das freie Gefälle auf der ganzen Strecke erübrigte den Bau von Pumpwerken.